Die Arbeitsbedingungen in der Nuklearmedizin sind anspruchsvoll – insbesondere, wenn es um den Schutz von Fachpersonal vor Strahlenexposition geht. PET-CT-Scans, die auf dem Einsatz von Positronenstrahlern wie 18F-Fluordesoxyglucose basieren, stellen für Radiologietechnologen eine besonders hohe Belastung dar. Studien belegen, dass die berufliche Strahlenexposition hier zu den höchsten im gesamten Bereich der nuklearmedizinischen Diagnostik zählt. Ein Forschungsteam des Royal Liverpool Hospital (RLUH) untersuchte daher den Einsatz des automatisierten Injektionssystems Posijet® (Lemer Pax) und präsentierte seine Ergebnisse auf der Frühjahrstagung der British Nuclear Medicine Society (BNMS) 2024 in Belfast.
Die Resultate sind klar: Durch den Einsatz des Systems konnte die Extremitätendosis des Personals deutlich gesenkt werden – ein wichtiger Fortschritt für den Arbeitsschutz in der Nuklearmedizin.
Warum die manuelle Injektion so risikobehaftet ist
Die tägliche Arbeit in der PET-CT-Diagnostik birgt verschiedene Herausforderungen, die zu einer hohen beruflichen Strahlenexposition führen:
- Hochenergetische Annihilationsphotonen, die sich nur schwer abschirmen lassen.
- Große Patientenzahlen: Am RLUH werden durchschnittlich rund 20 Patienten pro Tag untersucht.
- Komplexe Krankheitsbilder, die zusätzliche klinische Anforderungen mit sich bringen.
- Hoher Handhabungsaufwand bei der manuellen Aufbereitung und Injektion von Radiopharmaka.
Gerade die Vorbereitung von Dosen aus Mehrfachdosis-Fläschchen und die Injektion an den Patienten tragen erheblich zur beruflichen Strahlenbelastung bei. Laut früheren Studien machen diese Arbeitsschritte über 40 % der jährlichen Ganzkörperdosis von PET-CT-Personal aus, wobei allein die Injektionen rund 30 % beitragen.
Das automatisierte System Posijet® setzt genau hier an: Es isoliert die radioaktive Stammlösung in einer abgeschirmten Umgebung, bereitet die erforderlichen Dosen automatisch vor und injiziert diese über ein geschlossenes System direkt beim Patienten. Für das Fachpersonal bedeutet das: weniger direkter Kontakt mit Spritzen und Fläschchen, weniger Risiko für Nadelstichverletzungen – und vor allem eine deutliche Reduktion der Strahlenexposition an den Händen.
Methodik und Ergebnisse der Untersuchung
Das Team am RLUH führte eine umfassende Dosisprüfung vor und nach der Einführung des Posijet®-Systems durch. Über einen Zeitraum von insgesamt 60 Monaten – davon 47 Monate vor und 13 Monate nach Einführung – wurden Ganzkörper-, Finger- und Augendosimeter ausgewertet. Zwei Radiologietechnologen, die über den gesamten Zeitraum kontinuierlich in der PET-CT-Abteilung tätig waren, dienten als Vergleichsgruppe.
Die Ergebnisse im Überblick:
- Reduktion der Extremitätendosis:
- Linke Hand: –117 %
- Rechte Hand: –85 %
- Beide Ergebnisse waren hochsignifikant (p < 0,001).
- Reduktion der Augendosis:
- –9 %, statistisch jedoch nicht signifikant.
- Ganzkörperdosis:
- Keine wesentliche Veränderung (<1 %).
Damit bestätigt sich, was bereits frühere Studien nahegelegt hatten: Automatisierte Injektionssysteme können die Belastung der Hände drastisch reduzieren. Besonders der Unterschied zwischen den Dosimeterwerten vor und nach der Einführung zeigt eindrücklich, wie groß der Nutzen in der Praxis ist.
Dass sich die Ganzkörperdosis nicht signifikant verringerte, ist nachvollziehbar. Denn diese hängt nicht allein von der Injektion ab: Tätigkeiten wie die Positionierung des Patienten tragen wesentlich mehr zur Ganzkörperexposition bei. Dennoch ist die Entlastung bei der Extremitätendosis ein entscheidender Sicherheitsgewinn, da gerade die Hautdosis der Hände das Risiko birgt, den gesetzlichen Grenzwert von 500 mSv pro Jahr zu überschreiten.
Bedeutung für Kliniken und mögliche Implementierungsfaktoren
Die Einführung des Posijet®-Systems am RLUH hat gezeigt: Automatisierte Injektionslösungen können einen messbaren Beitrag zur Arbeitssicherheit in der Nuklearmedizin leisten. Doch bevor Kliniken eine solche Investition tätigen, sollten mehrere Aspekte sorgfältig geprüft werden:
- Ausbildung und Training
Das Fachpersonal benötigt ein fundiertes Verständnis für den Betrieb und die Fehlerbehebung. Ein strukturierter Schulungsplan ist unverzichtbar. - Qualitätssicherung und Wartung
Das System verfügt über integrierte Dosiskalibratoren und erfordert regelmäßige Funktionsprüfungen. Auch die Systemkonnektivität muss gewährleistet sein. - Kostenfaktoren
Neben den Fixkosten für das Gerät entstehen laufende Kosten für Einmal-Kits – je ein Kit pro Fläschchen und pro Patient. Diese müssen in die Wirtschaftlichkeitsrechnung einbezogen werden. - Patientenzahlen und Workflow
In Einrichtungen mit hohen Patientenzahlen kann sich die Investition besonders schnell auszahlen. Gleichzeitig sollte der zusätzliche Zeitaufwand für Einrichtung und Fläschchenwechsel (15–30 Minuten) realistisch in den Workflow integriert werden. - Alternative Schutzmaßnahmen
Ergänzend können automatisierte Dosiergeräte, Spritzenabschirmungen oder persönliche Schutzausrüstung zum Einsatz kommen. Ein Gesamtkonzept ist entscheidend.
Für Entscheiderinnen und Entscheider im Krankenhausmanagement bedeutet dies: Die Investition in ein automatisiertes Injektionssystem ist nicht nur eine Frage der Kosten, sondern vor allem der Patienten- und Mitarbeitersicherheit.
Fazit
Die Studie des Royal Liverpool Hospital liefert überzeugende Belege: Mit dem automatisierten Injektionssystem Posijet® kann die Extremitätendosis für Fachpersonal bei PET-CT-Untersuchungen drastisch reduziert werden. Während sich die Ganzkörperdosis kaum verändert, verbessert das System den Schutz der am stärksten gefährdeten Körperregion – der Hände – erheblich.
Für die Praxis bedeutet das: weniger Strahlenbelastung, weniger Risiko von Nadelstichverletzungen und eine insgesamt sicherere Arbeitsumgebung. Kliniken, die eine Modernisierung ihrer Nuklearmedizin anstreben, sollten die Einführung solcher Systeme ernsthaft in Betracht ziehen.
In einem zunehmend wettbewerbsintensiven Gesundheitsmarkt kann die Investition in Arbeitssicherheit und innovative Medizintechnik zudem auch ein starkes Signal an Mitarbeitende sein: Ihre Gesundheit steht im Mittelpunkt.


